Apostolisch Beten - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

48 Wir müssen vorweg allerdings dringend von unserem heid- nischen Verständnis von „Erkennen“ wegkommen! Mit „IHN erkennen“ meint Paulus nämlich weder ein rein intel- lektuelles Erkennen, das etwa über den menschlichen Verstand abläuft, noch eine bestimmte einmalige Erfahrung mit Jesus. Vielmehr redet er von einer immer tiefer werden- den persönlichen Erfahrung, durch ständig neue Berührun- gen mit Christus selbst. Das griechische Wort „Erkennen“ (»epignosis«) meint immer: „intimste Begegnung“, die als Frucht eine wesensmässige Verschmelzung und Umgestal- tung ins Bild des Berührten zur Folge hat. Wie oft haben wir oder andere aber schon leichtfertig bezeugt: „Ich kenne Jesus“ oder „ich habe Gott kennen gelernt“? Unsere deutsche Sprache lässt diesen folgeschweren Irrtum leider zu. Da ist es einerlei, ob man sagt, man habe sich „zu Jesus bekehrt“ oder ob man sagt, man habe „Jesus kennengelernt“. Was wir anfänglich gewiss schon gut und richtig meinen, führt uns später im praktischen Christenwandel aber dennoch weit am Ziel vorbei. Diejenigen, die sich „bekehrt“ haben bzw. „Jesus kennengelernt “ haben, gehen nämlich anschliessend hin und bezeugen ihre Erfahrung, damit auch andere „Jesus kennen- lernen “ (d.h. sich bekehren). Auf diesem Weg ist das bib- lisch dynamische „Erkennen“ zu einem statischen „Akt“ ab- gesunken. Man ist sich zwar nach wie vor im Klaren dar- über, dass man in seinem „Gott-Erkennen“ noch ganz am Anfang steht, aber die Vervollständigung in dessen Bild er- wartet man entweder erst „im Himmel droben“, oder aber man versteht unter einem ständig fortschreitenden „Erkennen Gottes“ ein blosses Anhäufen theologischen Wissens, für das die Bibel keine besondere Dringlichkeit kennt. Weil man meint, durch die Bekehrung Christus bereits „erkannt“

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