Erschütterung - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

6 Der Schlafwandler auf der Zinne Es war 02.30 Uhr. Ich habe den Schreck noch jetzt in den Knochen. Was würdest du unternehmen, wenn dich mitten in der Nacht seltsame Geräusche wecken und ans Fenster treiben? Du stehst da und erblickst mit Schrecken einen schlafwandelnden Menschen auf der Dachzinne deines Nach- barhauses. In solch eine missliche Situation bin ich dieser Tage ganz unerwartet geraten – und sie vermittelte mir eine geistliche Wahrnehmung. Das Entsetzen trieb mich, in aller Lautstärke einen Warnschrei in die schweigende Nacht hin- auszustossen: „Keinen Schritt weiter! ... Wach um Himmels willen auf! ... Es ist nur noch ein einziger Schritt zwischen dir und dem Tod!!!“ Doch zum grossen Glück kam gerade noch zur rechten Zeit von hinten eine starke Hand, die mir den Mund zuhielt, sodass ich den gewollten Schrei nicht ausstossen konnte. Obgleich jedes Kind weiss, dass man einen Schlafwandler nicht in solcher Weise aufschrecken darf, weil er gerade dadurch mit Sicherheit abstürzen würde, wurde mir diese Wahrheit erst wieder bewusst, als es im Grunde ge- nommen beinahe schon zu spät gewesen wäre. Wie gut, dass es noch eine vorbeugende Gnade gibt, die uns Gott stets wie- der „zur rechtzeitigen Hilfe“ darreicht. Ich zog also schnell meinen Trainingsanzug an und ging hinunter durchs Wohn- zimmer Richtung Büro. Meine Frau, die im Wohnzimmer schlief, erwachte durch meine von mir verursachten Geräu- sche, kam sogleich besorgt auf mich zu und fragte, ob ich nicht schlafen könne. Ich erzählte ihr von meinem Schrecken

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