Laodiceas Verhängnis - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

Die verlorenen Söhne 107 Der verlorene Sohn Zuletzt aber finden wir, dass auch noch „ein Sohn verloren“ geht. Dieses dritte Gleichnis nun, dem Jesus die grösste Aufmerksamkeit widmete, redet prophetisch von der damals noch bevorstehenden Geschichte der neutestamentlichen Gemeinde, die, obgleich sie den Geist der Sohnschaft erlan- gen sollte, dennoch ebenfalls in die Irre gehen würde. Auf welche Weise sie sich aber verirren würde, davon spricht dieses Gleichnis sehr ausführlich. Der heilsgeschichtlich- prophetische Gehalt dieser drei Gleichnisse lässt sich auch daran erkennen, dass die erwähnten Bilder genau in der chronologisch richtigen Reihenfolge genannt wurden. Eigentlich hätte uns aber schon der erste Satz dieses dritten Gleichnisses davon überzeugen sollen, dass damit allein wir Gläubigen – und nicht etwa die Welt – gemeint sein konn- ten, denn es heisst: „Ein Mensch hatte zwei Söhne …“ (Lk. 15,11ff). Ist es nicht so, dass sich die Gemeinde sonst gleich mit Händen und Füssen wehrt, wenn sich auch Un- gläubige als „Kinder Gottes“ bezeichnen? Dies lässt sie „natürlich“ auf gar keinen Fall zu! Da gibt sie dem Gottlosen auf der Stelle zu verstehen, dass er ein in Sünden geborener Mensch ist und deshalb höchstens den Teufel, niemals aber Gott seinen Vater nennen darf! Umso erstaunlicher ist es daher, dass es ausgerechnet die Kirche auf der anderen Seite über Jahrhunderte hinweg fertig gebracht hat, das Gleichnis vom „verlorenen Sohn“ konsequent auf diejenigen anzuwen- den, denen sie sonst so gnadenlos jegliche Gottesbeziehung abspricht.

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