Laodiceas Verhängnis - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

Die verlorenen Söhne 109 genauso verhält es sich bis zum heutigen Tag im Hinblick auf die meisten religiösen Fragen und Gemeindeprobleme. Wir sollten darum nicht hinter allen Entgleisungen und Spaltungen sogleich böse Absichten vermuten, sonst hat der Teufel immer wieder ein allzu leichtes Spiel. Die allermeisten Konflikte entspringen gutgemeinten Absichten, jedoch un- ausgereiften Erkenntnissen. Zwei der schlimmsten Feinde des Christentums heissen daher: gewissenhafter Irrtum und beharrliche Unwissenheit . Nun wenden wir uns aber wieder unserem Gleichnis zu: Der jüngere Sohn Da war zuerst einmal der jüngere Sohn . Dieser war ganz offensichtlich noch unmündig. Trotz seiner Unreife aber wagte er es und trat vor seinen Vater, beanspruchte das ihm verheissene Erbe und sprach: „Vater, gib mir den Teil des Vermögens, der mir zusteht“ (V. 12). Zur grössten Ver- wunderung erfüllte ihm der Vater sogleich seinen Wunsch und liess ihn ziehen. Den weiteren Verlauf kennen wir. Da dieser Sohn noch unmündig war, wusste er noch gar nicht wirklich mit diesem grossen Erbe umzugehen und landete infolgedessen irgendwann bei den Schweinen. Wenn wir die Kirchengeschichte studieren, werden wir feststellen, dass die Gemeinde bis zum heutigen Tag ihre Herrlichkeit auf genau diesem Weg verprasst und verloren hat. Die „Ge- schichte der Kirche“ könnte darum im tiefsten Grunde auch die „Geschichte der Verselbständigung“ genannt werden. Schon in den ersten Anfängen der Christenheit begann sich der Gedanke der „Verselbständigung“ bemerkbar zu machen.

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