Rekrut Prediger, daher! - Elias Sasek - Elaion-Verlag
Das Erwachen aus dem „Dornröschenschlaf“ 15 Als jemand z. B. sein Bajonett verlor, standen wir alle bis tief in die Nacht in der Kälte, bis es gefunden wurde. Wenn jemand sein Schuh- putzzeug im Zimmer vergass, mussten alle in ihre Zimmer hetzen, das Schuhputzzeug dort deponieren, um dieses dann gemeinsam wieder herbeizuschaffen. Wenn jemand vergass, das Materiallager mit darin gelagerten sensitiven Materialien ordnungsgemäss abzuschliessen, wurde uns allen der Ausgang gestrichen und wir hatten die ganze Dauer des Ausgangs vor dem Materialmagazin in ruhender Position zu verharren. Dabei versuchte uns der Zugführer unermüdlich begreiflich zu machen, wie man eine normale Türe ordnungsgemäss verriegelt. Fast am deut- lichsten zeichnete sich diese Schicksalsvereinigung aber in der Zugschule ab. Bei der Zugschule stand der ganze Zug mit ca. 50 Rekruten anfangs im Halbkreis, während der Zugführer einen Befehl nach dem anderen diktierte: „En arriere, march!“ (zu Deutsch: zurücktreten, Marsch!) – alle Anwesenden hatten dann wie um ihr Leben zu rennen, bis der nächste Befehl folgte. „Halt!“, „à gauche!“ Dabei wurden exakt die gleichen Bewegungsabläufe und die gleiche Reaktionsgeschwindigkeit von allen Teilnehmenden verlangt. Zeitweise marschierte der ganze Zug im Gleichschritt über den Kasernenplatz, während die stolze Haltung und der disziplinierte Blick von der Entschlossenheit des Schweizer Soldaten zeugen sollten. Bei der darauf folgenden Inspektion versagte unser Zug kläglich, weil nicht alle genügenden Einsatz zeigten. Als uns der Inspektor das ungenügende Ergebnis predigte und mit Nacharbeit am Wochenende drohte, lief es in unserem Zug rund. „Ist das denn SOOOO schwierig!“, schrieen sich die Rekruten gegenseitig an! Doch da wir ja alle EINS waren, schrieen sie sich letztlich ja nur selber an! Denn die Auflehnung des Gegenübers könnte sich bei der letzten Wiederholungschance als Stolperstein für den ganzen Zug erweisen! Verzweiflung, Befehl, Resignation und Kommandos wechselten sich im Minutentakt ab. In solchen Situationen galt es für mich, wieder die geistliche Antenne auszufahren und das aktuelle Wirken des Herrn zu empfangen. So beriefen wir eine Krisensitzung ein, die ich als Zugsprecher und Übersetzer zu führen hatte. In Kürze war der ganze Zug wieder vereint und wir bestanden die anschliessende Wiederholung mit Bravour. Am darauf folgenden Abend lagen alle erleichtert im Bett, weil wir am Wochenende nicht zur Nacharbeit bleiben mussten und die
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