Rekrut Prediger, daher! - Elias Sasek - Elaion-Verlag
34 und auf eine Beglaubigung hoffen. Als mein Vater vor einigen Jahrzehnten vor diesem Komitee vorzusprechen hatte, stellten diese seine Entschlos- senheit auf die Probe und sprachen zum Schluss das Machtwort: „Ihr Gesuch ist nicht genehmigt, sie werden auch weiterhin eine Waffe tragen!“ Mein Vater entgegnete entschlossen: „Ich bin gekommen, um Ihnen mit- zuteilen, dass ich keine Waffe tragen werde, also ziehen Sie mich bitte nicht zur Rechenschaft, wenn im Ernstfall kein Verlass auf mich ist – denn ich werde unter keinen Umständen eine Waffe tragen.“ Im selben Moment wandelte sich das resolute Gesicht des Kommandanten in ein verschmitztes Lächeln. Er reichte ihm freundlich die Hand und teilte ihm mit: „Im Ernstfall werden wir dafür sorgen, dass Sie der Schweizer Armee als Seelsorger zur Verfügung stehen!“ Mein Vater war mit diesen Worten also seiner persönlichen Waffe entledigt, und er durfte seine verbleibende Dienstzeit als Offiziersordonnanz absolvieren. Der Ernst- fall und seine damit verbundene Einsetzung als Seelsorger brauchten gar nicht erst einzutreffen, denn in seiner Funktion als Offiziersordonnanz war er der wohl beste Seelsorger und Feldprediger, den man sich vor- stellen kann! Auf Wunsch des Kommandanten predigte er zum Beispiel vor der ganzen Kompanie und ging an den Abenden von einem missio- narischen Gespräch zum anderen, sodass kaum ein Soldat oder Offizier vom Evangelium unberührt bleiben konnte. Ganz nebenbei sind daraus auch Kontakte mit wichtigen Geschäftsführern entstanden. Bis zum heu- tigen Tag profitiert unser internationales Hilfswerk von geschenkten Lebensmitteln aus solchen Quellen usw. In diesen grundlegenden Jahren seines Glaubens diente mein Papa unermüdlich als Offiziersordonnanz. Eine Offiziersordonnanz ist nichts anderes als die rechte Hand hoher Offiziere, die sie in ihren Tätigkeiten unterstützt. Dazu gehören: Servieren der Mahlzeiten, Chauffieren, Zimmerdienst, Kleiderservice, Schuhe putzen, Begleiten zu wichtigen Anlässen, Termine verwalten, Kochen, Bügeln, Knöpfe annähen etc. … Plump gesagt könnte man eine Offiziersordonnanz mit einem Butler vergleichen. Doch eine gute Offiziersordonnanz ist mehr! Sie liest dem Offizier jeden Wunsch von den Augen ab und trifft sein Bedürfnis so, dass dieser immer den Rücken frei hat, um seine wichtigsten Tätigkeiten ohne „Einbruch an der Basis“ meistern zu können. Wenn Papa jeweils von seinen Militärerlebnissen als Offiziersordonnanz berichtete, standen
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