Rekrut Prediger, daher! - Elias Sasek - Elaion-Verlag

36 mich, als hätte sie noch nie einen hübschen Mann in grüner Uniform ge- sehen: „Sie müssen der Sasek sein!“, schnellte es plötzlich aus ihr heraus. Scheinbar war sie mental bereits auf meine Anwesenheit vorbereitet worden. Ich verwies schmunzelnd auf mein Namenstäfelchen an meiner Uniform und begab mich auf meinen Sitzplatz in der vordersten Reihe links. Schon vor der ersten Lektion begann eine grosse Fragerei von ihrer Seite, und sie setzte mich gleich als Klassenchef ein. Ich willigte ein, dachte aber verzweifelt: „Wenn sie wüsste, dass ich keinen blassen Schimmer von diesem gesamten Fachbereich habe …“, denn die übrigen Ordonnanzen waren ausgebildete Hotelfachleute oder sonstwie vom Fach. Doch glücklicherweise fiel meine Unkenntnis nicht weiter auf, denn es galt schon bald ernst zu werden. Wir erhielten einen Crashkurs, um bereits am darauf folgenden Tag an einem grossen Anlass, den Korpskomman- danten (höchster Grad in der Schweizer Armee) in Bern und knapp 200 Offiziere der höchsten Liga zu bewirten. Glücklicherweise konnten mir einige Offiziersordonnanz-Kollegen ausserhalb der Unterrichtszeiten meine vielen Fragen beantworten. Am nächsten Tag wurde es dann ernst. Das Silberbesteck wurde mit weissen Handschuhen hochglanzpoliert, Servietten elegant gefaltet, die Tische nach 5-Sterne-Manier gedeckt, fast lastwagenweise exotische Bäume und Dekorationsmaterialien angeschleift und die besten Köche der Schweizer Armee vom Jahr 2012 wurden bestellt, um all diese ranghöchsten Offiziere mit einem erstklassigen Mehrgangmenu zu bekochen. Die Fachlehrerin hatte eine besondere Fähigkeit, mich treffsicher herauszufordern, sodass ich ganz in die Be- dürftigkeit zu IHM eingehen durfte. Sie setzte mich nämlich sogleich als Dekorationschef und später als Servierchef an den strategisch wichtigsten Punkten ein. Danke HERR, verschaffst Du mir hier so viel „himmlische Währung“! Ja, ich komme mit meiner ganzen Schwachheit zu Dir und bezahle mit meinem Unwissen, denn diese ist bei Dir kostbarer als Gold. Fühle Dich ein in meine Schwachheit und tausche sie in Deine übernatürliche Befähigung! Tatsächlich schien der Herr mein Gebet zu erhören, während ich zum ersten Mal als „Butler“ in Krawatte und weisser Montur eine Spezialität nach der anderen servierte und bedacht war, alle Bedürfnisse der höchs- ten Offiziere in unauffälliger und angemessener Weise zu stillen.

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