Rekrut Prediger, daher! - Elias Sasek - Elaion-Verlag

Offiziersordonnanz auf dem Prüfstand 39 unserer Fachlehrerin akribisch ausgewertet. Wenn etwas noch nicht perfekt war, wurde nochmals geübt in Rekordschnelle Weingläser ohne Verschütten zu füllen oder mit drei wassergefüllten Tellern ohne Wasser- verlust um das Kasernenareal zu laufen. Das Wichtigste dabei war, bei allen Wünschen und Problemen immer eine innere Ruhe zu bewahren und das souveräne Lächeln auf dem Gesicht unter keinen Umständen preiszugeben. In der Theorie schien alles klar, doch in der Praxis haperte es anfänglich noch etwas … Nur gut, dass unser Wissen vor den offiziellen Prüfungen und wichtigsten Einsätzen mehrmals auf die Probe gestellt wurde: Eines Tages kamen acht Inspizienten, um unseren Servicestil zu begut- achten und uns für die definitive Schlussinspektion mit dem Schul- kommandanten in der 13. Woche vorzubereiten. Wir hatten alles schön hergerichtet, und mit einem Lächeln auf dem Gesicht wurden die Gäste begrüsst, Stühle zurechtgerückt, Mäntel liebevoll abgenommen und sämt- liche Massnahmen getroffen, um das Mittagessen für das anwesende Komitee möglichst angenehm zu gestalten. Als alle Platz genommen und sämtliche Gläser mit den Getränken gefüllt waren, stand ich wie gewohnt mit meinem ledergebunden Serviceheft vor der Runde, stellte freundlich das Menu vor und nahm die Bestellung auf. Ob dieses Team schon irgendwelche Erzählungen über mich vernommen hatte, weiss ich nicht, doch ganz offensichtlich fühlten sie sich vereint verpflichtet, mein Wissen in besonderer Weise auf die Probe zu stellen. Mitten im Bestell- prozess meldet sich der erste Experte: „Sie haben Glück, dass hier am Tisch alle ‚bon allemand‘ (deutsch) verstehen. Könnten Sie das Menu auch auf Französisch vorstellen?“ Siegesgewiss klappte ich mein Service- heft zu. „Oui, ce n’est pas un problème, monsoir! Je peux parler français.“ (Zu Deutsch: Ja, das ist kein Problem für mich, mein Herr! Ich spreche Französisch.) Dann begann ich das Menu in der zweiten Landessprache vorzustellen. Der Inspizient nickte seinem Gefolge zufrieden zu. Kaum war ich mit meinen Ausführungen fertig, erhob der Gast vorne rechts am Tisch seine Stimme. Meiner Erwartung zufolge hätte es mich nicht gewundert, wenn ich das Menu auch noch in den anderen Landessprachen etwa auf Italienisch oder Rätoromanisch hätte präsentieren müssen. Statt- dessen korrigierte er mich in der Aussprache eines französischen Wortes.

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