Rekrut Prediger, daher! - Elias Sasek - Elaion-Verlag

Offiziersordonnanz auf dem Prüfstand 41 um ihm nach englischer Art das gewünschte Essen von links auf der Platte zu präsentieren. „Ich hätte gerne genau diese Wurst.“ Dabei zeigte er mit seinen Fingern auf die Mitte der Platte. Er wünschte nicht etwa exakt jene Wurst, weil diese mit einem besonderen Aussehen lockte, sondern weil diese für einen Laien wie mich am schwersten zu erwischen war. Doch dieses glitschige Ding wollte um nichts in der Welt mit meinem Schöpfgriff halten! Nach dem dritten vergeblichen Versuch riss mein Geduldsfaden. Ich stellte die Platte gegen alle Servierregeln auf dem Tisch ab, zückte meine Gabel, stach mit der Gabel in die Wurst und streifte diese, wie nur in der hintersten Bauernspelunke erlaubt, mit dem Löffel auf den Teller des Gastes ab. Während die Wurst noch auf dem Teller des Gastes wippte, kommentierte der Experte: „Das war jetzt nicht die feine Art, Rekrut Sasek!“ Selbstverständlich stimmte ich ihm zu und nachdem die anderen Gäste ebenfalls bedient waren, verliess ich die Gesellschaft so schnell als möglich. Weg, bloss weg hier von meinen Scharfrichtern! In jener Nullstunde fragte ich mich zum ersten Mal: „Was in aller Welt machst du hier, Elias? Wo bist du hier gelandet!? In weisser Serviceschürze, Servicetuch um die Arme gehängt, mit Kra- watte und gestylt!“ Schliesslich ermannte ich mich wieder. Zurück bei der Theke angekommen, rief mich der Chef des Service: „Rekrut Sasek, ein Gast wünscht Nachschlag. Er hat den Nachschlag speziell von Ihnen gewünscht!“ So ergriff ich ein zweites Mal die silberne Speiseplatte und begab mich zum Gast vorne rechts und schöpfte ihm, diesmal Kartoffel- gratin, auf den Teller. „Sie können es ja!“, stellte dieser schliesslich über- rascht fest. Nach dem Café-Service und einer kurzen Regenerationsphase folgte schon der nächste Wunsch! So locker und flockig wie möglich betrat ich erneut den Gästesaal. Der Inspizient hatte die liebevoll hergerichtete Kaffeetasse von Unterteller, Zucker, Schokolade und Rahm getrennt: „Rekrut Sasek, wenn sie diese Elemente auf der Kaffeeuntertasse plat- zieren … Auf was achten Sie?“ „Das Einzige, was ich beachte, ist, dass die Schokolade die Tasse nicht berührt, damit diese nicht unverhofft schmilzt“, antwortete ich. „Sie sind auf dem richtigen Weg!“ Seit jenem Moment war das Eis bei sämtlichen Experten geschmolzen. Zum Glück aber die Schokolade auf ihrer Kaffeeuntertasse nicht …

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