Rekrut Prediger, daher! - Elias Sasek - Elaion-Verlag
Zwischen Medienverleumdungen und Häftlingen 49 allen Medienverleumdungen auf den betreffenden Internetpräsenzen zu veröffentlichen. Tatsächlich schnellten durch diese Medienkampagnen die Besucherzahlen unserer Webportale derart in die Höhe, sodass es sich auch nach dem angeordneten Lichterlöschen lohnte, als das ganze Zimmer bereits schlief, unter der stickigen Bettdecke die letzten Pro- grammierzeilen in den Laptop zu tippen und Details zu koordinieren. Beim nächsten Frühstück sass der besorgte Kamerad des Vortages erneut direkt neben mir: „Ich weiss jetzt, weshalb du so bedrückt warst. Ist es wegen dem Zeitungsbericht im Tagesanzeiger? Meine Schwester, der ich schon sehr viel von dir erzählt habe, hat ihn gestern Abend gelesen und mich umgehend benachrichtigt. Da stimmt aber etwas nicht, gell? Ich habe es meiner Schwester nämlich gleich gesagt! Das stimmt nicht!“ Entgegen meiner menschlichen Erwartung erwies sich diese Medien- schlacht auch in meinem militärischen Umfeld als perfekte Missions- welle, und ich erhielt in dieser Sache nur bestätigende und tröstende Worte zugesprochen. „Geht’s?“, „Ist es schlimm?“, „Ich glaube, dein Vater ist denen ein bisschen zu fest auf den Schlips getreten, dass sie solche primitiven Taktiken anwenden …“, „Sasek, wir werden heute Abend im Zimmer für dich und deine Familie beten.“ „Ich habe dir, glaub ich, schon einmal gesagt, dass alles, was du Gutes tust, eines Ta- ges auf dich zurückkommt!“ Am nächsten Tag: „Sasek, gell wir haben es nicht vergessen! Wir haben für dich gebetet! Hat es genützt?“ Das wechselseitige Gebet wurde in jenen RS-Wochen wohl zum Leit- motiv der Kompanie. So traf ich wenige Tage später fünf niederge- schlagene Rekruten aus meiner Kompanie in der Raucherecke an; darunter auch jener Rekrut, der mich vor wenigen Wochen bat, seinen Traum auszulegen. Diesmal war ich es, der sich neben sie setzte und sich nach der Ursache ihrer Bedrückung erkundigte. Ihre Not prasselte sogleich wie ein Wasserfall auf mich ein: „Sasek, bete für uns! Wir müssen fünf Tage in den Knast! Wir wurden beim Kiffen erwischt und müssen jetzt fünf Tage absitzen! Nichts dürfen wir in die Zelle mitnehmen. Stell dir vor, volle fünf Tage eingesperrt ohne Handy, Laptop, Bücher … nur mit einer Bibel!“ Diesmal konnte ich nicht ohne ermahnende Worte für die Gesetzesbrecher beten, sondern sprach später mit ihnen in Ein- zelgesprächen: „Weisst du, ich glaube, Gott will, dass du dein Leben im Gefängnis einmal gründlich überdenkst. Du brauchst dringend die Kraft
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