Rekrut Prediger, daher! - Elias Sasek - Elaion-Verlag
Zwischen Medienverleumdungen und Häftlingen 51 habe dir hier noch diverse Bibelstellen rausgesucht, die du im Arrest studieren kannst, wenn du dein Leben überdenkst.“ Er versicherte mir scheu, dass er das Leben überdenken werde. Im Zimmer befanden sich auch noch andere Rekruten, die das Spektakel still verfolgten. Dann setzte ich mich ihm gegenüber auf sein Bett, faltete die Hände und betete, dass der Rekrut Einsicht erhält und dass Jesus ihm in dieser Zeit begegnet. Der Häftling sass mir während des ganzen Gebetes mit offenem Mund wie angewurzelt gegenüber. Ein heiseres „Amen“ und „Danke“ kam ihm von den Lippen, bevor die Stimme des Kompaniekommandanten durch den dritten Stock schallte und er bedrückt mit meinem Zettel in der Hand das Zimmer verliess. Dass sich dieselbe Szene vor acht Jahren in der Rekrutenschule meines ältesten Bruders Simon schon einmal abgespielt hatte, konnte ich erst glauben, als ich dies später schwarz auf weiss in seinen damaligen Militärnotizen entzifferte: „Drei Kollegen werden auf dem Container beim Kiffen erwischt … Rekrut X schüttet mir sein Herz aus, bevor er in den Knast geht … Rekrut Y lässt Fassade fallen … Rekrut Z liest Bibel im Knast …“ Diese waren übrigens nicht die einzigen Stichworte, die sich fast exakt mit meinen Erlebnissen deckten! Beim Durchlesen seiner stichwortartigen Notizen konnte ich oft laute Jauchzer nicht unterdrücken. „ Herr, Du bist so genial! Das ist ja fast die gleiche Geschichte! Du möchtest durch jeden von uns, ein lebendiger Beweis Deiner Gegenwart sein – an jedem Ort! Zur selben Zeit, als diese tatsachenverfälschenden Zeitungsberichte durch die ganze Schweiz kursierten, wurde auch mein älterer Bruder David wie jedes Jahr zu einem zweiwöchigen Wiederholungskurs bei der Schweizer Armee aufgeboten. Obwohl er anfangs mit unangenehmen Umständen konfrontiert wurde und sich mit einer rücksichtslosen Bande im Zimmer herumschlagen musste, gewann auch er durch seine Selbstaufopferung und seinen vorbildlichen Einsatz wieder einmal in Kürze die Herzen sämtlicher Offiziere und Soldaten. Anfängliche Sprüche wie: „Halt die Fresse, Sekte!“ wandelten sich in Zeiten der tobenden Medienschlacht zu Aussagen wie: „Wir stehen hinter dir, Sasek!“ oder: „Ich war von Anfang an auf deiner Seite!“ In derselben Woche wie mein Bruder David erlebte auch ich auf eindrückliche Weise, dass der Herr jede selbstlose
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