Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
104 Oh, dieser Schatten da – was war das? Je mehr sie hinsah, ent- wickelte sich dieses schemenartige Etwas da drüben zu einem grässlichen Ungeheuer. Sie erstarrte vor Schreck. Oh, Gott meines Vaters !!! Kannst Du mir helfen? Ihr Herz schlug bis zum Hals – so heftig, dass sie meinte, man könne es hören. Sie suchte mit ihren Händen nach etwas Greifbarem, mit dem sie sich zur Wehr setzen konnte. Ihre zittrige Hand ertastete ei- nen Stein. Sie hob ihn auf und schleuderte ihn in die Ecke. Der Stein schlug polternd gegen die gegenüberliegende Mauer. Doch nichts weiter regte sich. Sie atmete erleichtert auf. Ich habe mich geirrt; da ist nichts! Ihre Augen hatten sich endlich etwas an die Dunkelheit ge- wöhnt, und sie konnte die Umrisse ihres Gefängnisses erkennen. Doch wo Anneli auch hinsah, sie erblickte nichts als nur nackte, kahle Steinmauern, die sich bedrohlich um sie herum auftürm- ten. Sie tastete sich, Schritt für Schritt, an der kalten Wand ent- lang. Da waren Stufen. Sie wurde doch Stufen hinuntergeschubst . Sie kroch hinauf, um nicht zu stolpern. Da ! – Das musste die Tür sein. Anneli fand mit zittrigen Händen einen runden Griff und zog sich hoch. Sie rüttelte an der Pforte, so fest sie nur konnte. Doch diese blieb unnachgiebig verschlossen. Sie hätte am liebsten mit Händen und Füssen gegen sie geschla- gen und geschrien: Macht auf! Lasst mich raus! Sie erhob ihre Hand zum Schlag – doch im letzten Augenblick besann sie sich eines Besseren. Vielleicht war es im Moment weiser, sich still und ruhig zu verhalten. Sonst … lieber wollte sie diesen Gedanken nicht zu Ende denken. Aber da war ja noch Noldi. – Ihre letzte Hoffnung. Wenn er nur nicht auch noch erwischt wurde! Doch Noldi – der war viel zu schlau! Er musste ihnen entkommen sein! Dann gab es noch Hoffnung …
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