Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

25 Es war alles andere als leicht, die jetzt gemächlich grasenden Kühe von dieser Notwendigkeit zu überzeugen. Vom Greis bis zum kleinen Kind waren alle damit beschäftigt, die trägen Tiere von ihrer Lieblingsbeschäftigung wieder abzubringen. Unbemerkt konnte sich die tödliche Gefahr bis auf dreissig Schritt der Gruppe nähern. In dem Moment, als sich die Tiere wieder in Bewegung gesetzt hatten, stellten sich die drei Söldner in den Weg, und ihr An- führer rief aus: „Kehrt um, verschwindet, ihr Kuhmelker. Hier beginnt fremdes Eigentum!“ Sein aufgesetztes Imponiergehabe sollte wohl einschüchternd auf Walter und die Senner wirken, hatte aber das genaue Gegenteil zur Folge. Besonders der sonst recht gutmütige Rudi hegte einen schon lange schwelenden Groll in seinem Herzen. Die ungebe- tenen habsburgischen Gäste waren ihm zutiefst verhasst. Nun sah er den Moment gekommen, seinem Zorn endlich Luft zu verschaffen: „Was fremdes Eigentum? Von Kind an gingen wir schon zusammen mit unseren Grossvätern auf diese Weiden!“ „Schnee von gestern! Die Weiden gehören jetzt dem Abt Johann. Kaiser Friedrich der Schöne hat sie dem Kloster geschenkt.“ Der Versuch des Anführers, Rudi zu Boden zu stossen, war für seine beiden Untergebenen das Signal zum Losschlagen. Mit zwei, drei mächtigen Knüppelhieben streckten sie zuerst den alten Walter zu Boden. „Das ist für deinen Grossvater Wilhelm und den alten Gessler! Ersäufen sollte man dich!“ „Grossvater!“ Noldi stiess einen schrillen Angstschrei aus. Sofort liess der Angriff auf die greise Symbolfigur ihrer nationa- len Würde und Freiheit auch in den übrigen Sennern die Wut hochkochen. Wie auf ein Wort stürzten sich alle sechs auf die schwerbewaffneten Soldaten. „Das ist unser Berg, das ist unser Land, zur Hölle mit euch Lumpenpack!“ Ein dichter Hagel von Faust- und Stockschlägen

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