Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
308 „Blöder, Blöder!“ Das Echo war reinster Hohn. „Wir sind nicht eure Brüder, wir sind eure Herren! Heute werdet ihr zurechtge- stutzt!“ Winkelried setzte dennoch nach: „Sollten wir nicht lieber aner- kennen, dass unser Gott uns allen genug Land gegeben hat, es friedlich zu bebauen, um in Frieden miteinander auszukommen?“ „Ha, uns, uns hat er es gegeben, und ihr werdet es für uns bebauen! Wir werden euch stechen. Ihr Buben, ihr werdet auf- gespiesst und eingefangen!“ Arnold sah, dass gegen diese Grossmäuligkeit mit Worten nichts auszurichten war. Häme und Verachtung kamen vor allem aus den ersten Reihen der Gegner. Trotz der Wand aus Hass und Entmutigung wandte er sich nun an den König und sah zu ihm hoch, das Banner aufgepflanzt und fest im Griff der Fäuste. „König Leopold!“ Arnolds Stimme klang feierlich und erhaben. Leopold zog die rechte Braue hoch und hob das Kinn. „Ich bin gekommen, Euch den Frieden anzubieten. Zieht Eure Besatzung aus allen unseren Ländereien ab, und lasst uns fried- lich nebeneinander wohnen. Wir alle haben einen Gott, der uns geboten hat, Seinem Sohn ein Leib zu sein …“ „Ja, wir sind der Leib, und ihr seid das Arschloch!“, höhnte es wieder aus den Habsburger Reihen, diesmal untermalt von zweitausendfachem Gegröle. Die Söldner klatschten sich auf die Schenkel und wollten sich kaum noch beruhigen. Arnold senkte für einen kurzen Moment den Kopf. Nicht be- schämt – nein, traurig. Traurig, wie Menschen angesichts des Todes so lästern und fluchen konnten. „Wie, habt ihr so jeden Respekt auch vor dem Tod verloren? Hört mich an, denn zum letzten Mal stehen wir uns in diesem Leben gegenüber. Zu spät, vielleicht erst im Blute zappelnd, werden wir erkennen, dass wir alle Brüder sind. Alles, was wir einander rauben, rauben wir uns nur selber!“
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