Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

36 Verdriesslich widersprach Noldi: „Den wollen sie ja sowieso nicht gehen.“ „Dann wird Gott selber zusehen, dass ihr Blut vergossen wird“, belehrte ihn der Vater. „Und mit ihnen zusammen werden dann wieder unzählige ande- re Unschuldige mitsterben.“ Noldi wollte vom Tisch flüchten, doch sein Vater fuhr zornig von seinem Schemel auf und packte Noldi. „Trotzdem! Das sage ich dir, du wirst dich keiner Knabenschaft anschliessen!“, polterte er. Noldi starrte trotzig vor sich hin. „Hast du das verstanden?“, fragte ihn sein Vater, dieses Mal ruhiger. Noldi deutete ein Nicken an. Die Geschwister hatten der Auseinandersetzung schweigend zugehört. Nun begann Marthe den Tisch abzuräumen und Agnes ging ihr sogleich zur Hand. Gottfried gab seinem Sohn einen versöhnlichen Klaps auf den Rücken. „Vergiss deine Rachepläne und hilf lieber deiner Mutter beim Aufräumen. Das macht uns allen mehr Freude.“ Knabenschaft im Wald Am Abend wartete Noldi, bis im Haus alles still war. Er lag auf seiner Pritsche und starrte an die Decke. Das Licht des Voll- mondes schien durch die Luke im Dach und erhellte die Kam- mer. Als es ruhig geworden war und endlich alle schliefen, zog sich Noldi seinen wollenen Kittel über, tastete nach seinen Schuhen und seinem Brotsack und kletterte die Leiter hinunter. Noldi verharrte an der Haustür. Noch einmal warf er einen Blick zurück in das Zimmer. Durch die stoffverblendeten Fens- ter fiel gedämpft das Mondlicht und tauchte den Raum in ein silbriges Zwielicht. Das Stroh auf dem Boden war frisch und

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