Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
51 Noldi konnte noch die Stimme des Ritters hören, der seinen Schergen befahl: „Durchbohrt zuerst ihre Zunge und wenn sie durchstochen ist, verbrennt sie.“ Die Fackeln hatten nun all die grausigen Folterinstrumente hell erleuchtet und Noldi gezeigt, wozu diese Ungeheuer von Men- schen fähig waren. Mit seiner ganzen Kraft stemmte er sich gegen den Griff des Knechtes und versuchte, freizukommen. Irgendwie musste er doch Vreni helfen. Doch der Knecht übertraf Noldis Kraft bei weitem. Er packte den Knaben unter den Achseln und schob ihn rücksichtslos die Treppe hinauf. In seinen Ohren hallte Vrenis Schmerzensschrei. Vrenis Ehemann wurde brutal gepackt und an ein Holzkreuz ge- drückt. Schreie durchdrangen die Kerkergewölbe, als die ersten Nägel sein Fleisch durchbohrten. Tränen liefen dem Waldenser über die Wangen. Der zweite Mönch trat zu ihm hin. In der Hand hielt er eine Schale. „Wählst du deine Hinrichtung oder deine Rücktaufe ins Vaterhaus, damit du wenigstens in den Himmel kommst?“, fragte er mit beissender Stimme. Der Waldenser schaute ihm geradewegs in die Augen. „Sind denn im Himmel auch Katholiken?“ „Wer denn sonst?“ Die Stimme des Mönchs bebte vor Zorn. „Dann will ich dort nicht hin“, presste der Mann unter Schmer- zen hervor. „Lieber bin ich in der Hölle mit den Unseren zu- sammen. Wenn ich nur nie mehr solche grausamen Leute wie euch sehen muss.“ Mit einem Stock schlug der Mönch wutentbrannt auf die Knie des Ketzers. Ein schauriges Knacken ertönte und der Mann sank ohnmächtig zusammen. Der Mönch streckte einem weiteren Waldenser eine Oblate hin.
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