Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

58 „Martha, zeig diesem Balg, wie man das Refektorium schrubbt, aber sauber!“ Mit diesen Worten entfernte sich die Oberin. „Also, Anna. In dieser kleinen Kammer sind die Putzsachen. Du nimmst den Eimer und die Bürste dort oben auf dem Gestell. So, jetzt kommst du mit, in der Küche ist noch Wasser übrig vom Abwasch. Sei vernünftig. Je besser du gehorchst, desto ein- facher hast du’s. Mit Schwester Sieglinde ist nicht zu spassen.“ Anneli jedoch blieb stehen, ohne Schwester Martha zu folgen. Nur, mit dem Fuss auf den Boden zu stampfen, das getraute sie sich nicht. Plötzlich hörte sie Schritte, und noch ehe sie sich umdrehen konnte, traf sie ein heftiger Schlag auf den Hinterkopf. Das zarte Mädchen stürzte zu Boden und begann bitterlich zu weinen. „Wir werden deinen Willen schon noch brechen“, ertönte Sieg- lindes Stimme. Unsanft riss sie Anneli auf die Füsse und drückte ihr den Eimer in die Hand. „Na los jetzt, oder wagst du immer noch zu protes- tieren? Wehe dir!“ Zu Martha gewandt fuhr sie fort: „Du solltest doch eigentlich wissen, wie das mit den Leibeigenen läuft, oder? Wenn du sie verweichlichst, wird die Kleine bald dir zeigen, wie man den Boden schrubbt, und uns allen auf der Nase herumtanzen. Ich erwarte absoluten Gehorsam. Ist das klar? Wehe dir, wenn du diesem bockigen Ding den Widerstand bis heute Abend nicht ausgetrieben hast!! Klar?“ „Ja, Frau Oberin.“ Martha warf Anneli einen wütenden Blick zu und wartete, bis die Oberin verschwunden war, bevor sie ihr zuzischte: „Das machst du nicht noch einmal, sonst versohle ich dir den Hintern mit einem heissen Kochlöffel, du kleines Biest!“ Anneli nickte ängstlich und begann unter Anleitung der Ordens- frau ungeschickt den Boden zu reinigen. Ihr Rücken fing bald an zu schmerzen, doch sobald sie sich kurz aufrichten wollte, er- klang Marthas Stimme: „Weiter, hier wird nicht gefaulenzt!“

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