Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

67 „Hiess? Lebt er nicht mehr?“ Anneli schüttelte den Kopf und presste ihre Lippen zusammen; eine Träne fiel auf ihre Schürze. „Mama auch nicht mehr …“ „Wer hat das getan?“, unterbrach Noldi. „Die Römer-Kirche. Zuerst zerstörten sie nur unsere Synagogen.“ „Syna… was?“ „Das sind Häuser. Bei euch heissen die Kirchen. Und dann durf- ten wir an christlichen Feiertagen nicht mehr auf die Strasse.“ „Was meinst du mit ‚wir‘?“ „Ja, halt die Juden. Alle jüdischen Bücher mussten verbrannt werden und wir mussten besondere Kleidung tragen.“ „Doch das war alles noch gar nicht so schlimm“, fuhr Anneli fort. „Aber dann durften wir auch nicht mehr in unserem Haus bleiben. Man hat uns alles weggenommen … und man wollte uns zur Taufe zwingen. Das wollten meine Eltern nicht.“ Mit halbgeöffnetem Mund sah Noldi sie an. „Und dann, dann haben sie ihnen vor meinen Augen die Köpfe abgeschlagen.“ Sie hielt ihre Arme ausgestreckt in die Höhe, Tränen rollten ihre Wangen herunter. „Ich hab so Heimweh!“, schluchzte sie herz- zerreissend. Noldis Augen füllten sich mit Tränen. Anneli tat ihm so leid. Er rutschte zu ihr hin und nahm sie tröstend in den Arm. „Wir müssen jetzt tapfer sein. Gewiss sind wir nicht lange hier drin. Dany, Dany wird uns nicht im Stich lassen.“ Erstaunt blickte sie auf. „Wer ist Dany?“ „Mein bester Freund aus der Knabenschaft. Meine Eltern leben zwar noch, aber die werden uns so wenig helfen können wie die deinen.“ „Warum denn nicht?“ „Ach, die beten nur immer, aber tun nichts dagegen. Doch Dany, Dany, mein Freund, wird kommen, der holt uns hier raus. Du bist nicht mehr allein, Anneli. Ich bin jetzt hier dein grosser

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