Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
76 Kleines wegnimmt, merkt niemand, dass da was fehlt“, versuchte er seinen Freund zu überzeugen. „Bist du des Wahnsinns! Du wirst doch wohl nicht einen so hei- ligen Mann wie den Abt bestehlen wollen!? Ich sag dir, was du dafür bekommst – den Henker! Kopf ab!“ Mit einer unzweideu- tigen Handbewegung in der Nähe seiner Gurgel versuchte Sepp seinem Kumpan die Flausen aus dem Kopf zu schlagen. Noldi und Arne schluckten. Arne seufzte. „Ja, ja. Dann werd ich mich wohl mit der Grütze und dem nied- lichen Bauernmädchen aus dem Dorf begnügen müssen.“ Arne erntete eine freundschaftliche Kopfnuss von Sepp. „Wir sind fertig. Lasst uns gehen. Morgen kommt der Herzog höchstpersönlich, da müssen wir noch Futter für seine Pferde ranschaffen. Noldi, das passt schon, du kannst gehen, das schaf- fen wir auch allein. Bis morgen dann!“ Die zwei Burschen trennten sich von Noldi, der wieder in Rich- tung Nonnentrakt ging. Nachdenklich schlenderte er zurück zur Küche. „Kopf ab!“, klang es in seinen Gedanken nach. Aber die Versu- chung, dort etwas wegzunehmen, reizte den Jungen – schon allein für Anneli. Er dachte an seine Zeit bei der Knabenschaft zurück, wo sie den Habsburgern die gefährlichsten Streiche ge- spielt hatten und meist nicht entdeckt wurden. Mit Dany und den Brüdern hatte er gelernt, genau zu beobachten und im rech- ten Moment zu handeln – da würde doch so ein läppisches Abt- haus für ihn keine Schwierigkeit darstellen! Ja, für Anneli, ein Geburtstagsgeschenk, dachte der Junge. Noldi musste den Nonnen noch helfen, das frisch geerntete Ge- müse im Kellerraum des Speichers zu verstauen. Anneli sah er nur kurz beim Essen. Als er entlassen wurde, war es schon dunkel. Das Rufen eines Uhus war zu hören und das Zirpen von Grillen. Noldi kauerte sich hinter ein Gebüsch, wo er einen Plan ausheckte. Soll ich wirk-
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