Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
79 Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Noldi zuckte zusammen. Schnell kauerte er sich hinter einen der Tische. Der Lichtkegel aus der Küche traf ihn zum Glück nicht. „Bring das in die Kammer, und den Hirschbraten und das Kraut! Mach schon, wir haben noch viel zu tun!“ Ein abgehetzter Knabe, anscheinend der Küchengehilfe, kam mehrmals hereingelaufen und rannte nahezu wieder hinaus. Währenddessen erklang die über die Massen kräftige Stimme des Kochs, welcher bei der Arbeit ein Lied anstimmte. „Los, komm schnell her, Bub, und hilft mir, den Braten zu schneiden.“ Der Küchengehilfe eilte hinaus und liess die Tür zur Vorrats- kammer einen Spalt breit offen. Neugierig schlich Noldi zur Tür und spähte in die Küche. Meh- rere Kochkessel hingen über einer grossen Feuerstelle an einer Seitenwand der Küche. Auf eisernen Grillrosten brutzelten Wachteln. Der grosse Küchentisch in der Mitte war überfüllt mit Bratpfannen, Kellen, Spiessen, Messern und Fleischgabeln aus Messing und Kupfer. Der Koch, ein sehr beleibter Mann, machte sich gerade mit dem Gehilfen an dem Kalbsbraten zu schaffen. Er trug ein Gewand ähnlich einer Mönchskutte, aber es schien kein richtiger Mönch zu sein. Auch hatte er keine Tonsur und kein Kreuz um den Hals hängen. Der Schweiss rann ihm die Stirn herunter. Seine kurzen Locken klebten durchnässt an den Schläfen und am Hals. Nun schnitten sie den Braten in kunst- volle Formen und richteten die Scheiben auf einem bronzenen Teller an. Der Koch prasselte mit Befehlen ungeduldig auf seinen Gehilfen ein. „Nein, nicht so! Was soll der Herzog morgen von uns denken! Halt gefälligst den Braten fest!“ „Ja, Herr! So, Herr?“ Der Knabe war restlos überfordert.
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