Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag

93 Der dicke Mönch knurrte die beiden an: „Ich geh jetzt mal davon aus, dass das nichts als ein dummer Kinderstreich war. Na war- tet, ich habe eine zünftige Arbeit für euch!“ Er zog sie an den Ohren hinter sich her und führte sie in einen kleinen, verdreck- ten Versammlungssaal, der so gut wie nie genutzt wurde. Wut- entbrannt befahl er den Kindern, so lange zu schrubben, bis alles blitzblank sei. Noldi und Anneli gehorchten mit gesenkten Häuptern. Nach kurzer Aufsicht des Mönches wurden die Kinder sich selbst überlassen. „Hoffentlich verpetzt er uns nicht.“ In Annelis Stimme schwang ein Hauch von schlechtem Gewissen mit. Ihr Freund schüttelte den Kopf. „Ich denke nicht, dann müsste er ja auch erklären, was er um diese Tageszeit im Keller wollte …“ Erleichtert atmete das Mädchen auf. „Wir müssen geschickter vorgehen, dass niemand bemerkt, dass wir dahinterstecken.“ Noldi nickte zustimmend. Nachdenkliche Falten zerfurchten seine Stirn. Plötzlich lachte er leise. „Ich hab auch schon eine Idee! Ich habe mitbekommen, dass eine Ordensschwester ab und zu den Kellerabgang wischt. Genau diese Treppe, wo wir heute dem Frater das Seil spannten. Wir machen es so …“ Annelis Augen wurden immer grösser. Wie- der kicherte sie und nickte zustimmend. Wenige Tage später war es so weit. Als die Kinder unbeaufsich- tigt beim Schrubben waren, schlichen sie sich unbemerkt davon. Noldi zeigte Anneli eine kleine Luke in einem entlegenen Teil des Innenhofs, die schräg durch die Mauer in den Keller führte. Beide spähten hinein. Anneli wurde ganz aufgeregt. Sie warteten und lauerten. Eine Nonne leierte alte Kirchenlieder vor sich hin. Anneli ver- nahm, wie das Wasser auf kahlen Steinen aufklatschte. Das Schrubben einer Bürste ertönte. Nach einer Weile stöhnte die Ordensschwester und stellte entschlossen den Wassereimer zur

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