Helden Sterben Anders - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
98 „Hilfe! Lasst mich raus!!! Hilfe, Noldi!“ Sie schluchzte hilflos. Bei dem Versuch, die Tür aufzustossen, fiel sie weinend zu Bo- den. Sie hielt inne und blickte um sich. Abrupt hörte ihr Weinen auf. „Nein!“ Der Raum kam ihr irgendwie bekannt vor. Sie sah Essensreste, Brotstücke und Weinbecher. Auf einem Tisch lagen die Reste eines zerstückelten, gebratenen Tieres. Anneli schluckte. Todes- angst bedrängte ihre Seele. Das ist ja genau der Raum, wo Noldi und ich neulich die Mönche und Nonnen … „Hilfe!! Nein!!!“, schrie sie. Anneli drehte sich um und schlug gegen die Tür. Was wollen die mit mir machen? Durch die Tür konnte sie nicht entkommen. Zitternd sprang sie zu einem Spalt in der Mauer, durch den etwas Tageslicht herein- schien. Vergeblich versuchte sie, sich hindurchzuzwängen. Sie kauerte sich entsetzt auf den Erdboden in eine Ecke. „Bitte! Hol mich hier raus, Allmächtiger! Wenn Du wirklich hier bist, dann hol mich hier raus!!“, flehte sie verzweifelt. Sie konnte sich nicht beruhigen. Was geschieht hier? Was haben sie mit mir vor? „Noldi, hilf mir!“ – Keine Antwort. Sie jammerte leise und blieb in der Ecke sitzen. Die Zeit verging. Totenstille. Nachdem die Dunkelheit eingebrochen war, hörte Anneli Schritte. Sie hielt schlagartig die Luft an und presste ihren ganzen Körper gegen die Wand, als könne sie sich in ihr verbergen. Schlüssel klirrten. Jemand riss die Tür auf. Kerzenlicht erleuchtete den Raum. „Wo ist die Göre?!“ Die Unerbittlichkeit in der Stimme liess Anneli erschaudern. Sie kauerte sich noch enger zusammen. Ihr Arm wurde brutal gepackt und die Oberin zerrte das Mäd- chen in die Mitte der umstehenden Nonnen.
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