Gläubig oder glaubend? - Ivo Sasek - Elaion-Verlag
70 möchten doch nicht gottlos sein.“ So lasst uns nun fortan bedenken, dass diese Zucht der Gnade eben ein weit tieferes Werk an uns tun möchte als uns nur von groben Sünden zu befreien. Denn „die weltlichen Lüste verleugnen“ schliesst uneingeschränkt alles ein, was dieser Welt und dieser ersten Schöpfung angehört. Es umfasst auch alle Sonnenseiten, alle guten, positiven und lieblichen Aspekte dieser vergänglichen Schöpfung. Lasst uns das nie wieder vergessen! Das wahre Hinausgeführtwerden aus dem „lieblichen Teil der Welt“ wird demnach keine Leere und kein qualvolles Vakuum zurücklassen. Der Welt abgestorben sein heisst nicht Kloster- leben, Askese oder Selbstkasteiung! Die Gnade ruht nicht, als bis sie diese Umwandlung in Christus gänzlich vollzogen hat. In der Übergangszeit dünkt uns diese Zucht gewiss nicht Freude, sondern vielmehr Verlust und Traurigkeit zu sein (Hebr. 12,11) 1 . Hernach aber finden wir uns in einer neuen Dimension wieder, in einer unvergleichlichen, herrlichen Freude, in einem unsterblichen Genuss, eben in der Wirk- lichkeit selbst! Das Fallen dieses „Todesschleiers“ bewirkt, dass unser alter Mensch beiseite und unser neuer Mensch in uns frei geschält wird, damit endlich auch die heiss ersehnten „Ströme lebendigen Wassers“ von uns ausgehen können. Auf welchem anderen Weg könnte es auch sonst geschehen? Dann werden wir frühmorgens nach dem Aufwachen nicht mehr sogleich Ausschau nach den Aussichten des kommen- den Tages halten, um je nach Umständen erfreut oder be- 1 „Alle Züchtigung scheint uns zwar für die Gegenwart nicht Freude, sondern Traurigkeit zu sein; nachher aber gibt sie denen, die durch sie geübt sind, die friedvolle Frucht der Gerechtigkeit.“
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