Militärdienst mit Sinn - Jan-Henoch Sasek - Elaion-Verlag

14 Sinn meines Lebens Ein Feldpfarrer trat in den ersten Tagen vor unsere Kompanie. Er erzählte uns eine Geschichte, vielleicht, um uns seine Aufgabe als Armeeseelsorger etwas schmackhaft zu machen – was bei mir nahezu gänzlich scheiterte. Es ging anhand folgender Geschichte darum, was wir in einem Ernstfall machen würden: „Peter und Urs sind Freunde und gehen zu zweit Bergsteigen. Zu wissen: Peter ist 23 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Urs dagegen ist 22 Jahre alt und hat eine Freundin. Plötzlich rutscht Urs aus und stürzt ab … Er hängt am Seil, über der Klippe … Weit und breit ist niemand. Nun gibt es gemäss Feldpfarrer nur noch zwei Mög- lichkeiten. Die erste: Peter schneidet das Seil durch, worauf Urs stirbt. Die zweite: Peter versucht Urs zu retten, was erfolglos scheitert und dazu führt, dass beide sterben.“ Nun stellte er uns die Frage, welche von beiden Möglichkeiten wir wählen würden. Zwei Drittel der Kompanie wählte diejenige Variante aus, bei der beide sterben würden … Er wollte eigentlich darauf hinaus, dass Peter das Seil durchschneiden würde und sich dann Vorwürfe ma- che, er sei schuld daran. „Es geht in allem um die Schuldfrage …“, meinte er. Ich konnte es nicht mehr zurückhalten, streckte die Hand und fragte ihn vor allen: „Hauptmann, Rekrut Sasek (so muss man sich im Militär stets anmelden, bevor man etwas sagt). Sie sind ja Feldpfarrer. Haben Sie nicht noch eine dritte Möglich- keit vergessen?“ Ein leises Raunen ging durch die gesamte Kom- panie. Natürlich wussten alle ganz genau, was ich damit gemeint hatte, nämlich ein Gebet, ein Rufen zu Gott, die Erwartung eines Wunders! Als er mir antwortete, sagte er: „Sie sind ja vielleicht gläubig … da gibt es schon dieses Dilemma, wie es z.B. in der Bibel steht … aber es gebe nur zwei Möglichkeiten und die Geschichte sei noch nicht zu Ende.“ Ich gab erleichtert zum Ausdruck: „Ah,

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